Emotionsregulation: 7 ungewöhnliche und effektive Strategien, deine Gefühle zu regulieren

von | 10. August 2023

Lesezeit: 10 Minuten

Unsere Gefühlswelt hat in unserer Psyche eine besondere Bedeutung und bestimmt unser alltägliches Handeln mehr, als uns vielleicht manchmal bewusst ist.

Unsere Gefühle sind der Motor vieler unserer Verhaltensweisen und Lebensentscheidungen. Deshalb ist es von Vorteil, wenn wir unsere Emotionen regulieren und steuern können.

Hier findest du Beispiele und Übungen zum Thema Emotionsregulation.

 

Was sind Gefühle?

Das, was wir im Alltag erleben, löst in unserer Innenwelt Gefühle aus.

Bei unseren Gefühlen haben wir vielleicht manchmal den Eindruck, dass sie uns definieren und uns kontrollieren. In Wirklichkeit sind sie flüchtige Körperwahrnehmungen, die zeitlich begrenzte Reaktionen auf unsere Außenwelt sind.

 

Schauen wir uns dazu die 5 häufigsten Emotionen an:

Angst: Ich muss ein Referat vor der Klasse halten und habe ich Angst mich zu blamieren.

Wut: Ein Auto überholt mich rücksichtslos und schert ganz knapp vor mir ein. Das macht mich wütend.

Traurigkeit: Ich werde traurig, als ich mir eine Filmszene ohne Happyend anschaue.

Schuldgefühl: Ich bekomme ein schlechtes Gewissen, weil ich den runden Geburtstag von meinem Arbeitskollegen vergessen habe

Freude: Ich freue mich, als mir meine Freundin wegen meiner neuen Frisur ein Kompliment macht.

 

Diese emotionalen Antworten auf unsere Umwelt haben den Sinn, dass wir auf Situationen adäquat reagieren und entsprechend handeln können. Sie sind wichtig, dass wir in unserem täglichen Leben zurechtkommen.

 

Was ist Emotionsregulation? – Definition

Unter Emotionsregulation versteht man, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen.

Was mache ich mit meiner Wut auf den rücksichtslosen Autofahrer? Lasse ich ein Verhalten aus dem Gefühl entstehen, z.B. hupe und schimpfe ich auf den Autofahrer? Oder melde ich mich krank, damit ich das ungeliebte Referat nicht halten muss?

Unsere Emotionsregulation bestimmt:
– wie wir auf unsere Gefühle reagieren
– wie wir unsere Gefühle steuern
– wie unsere Gefühle unser Verhalten beeinflussen.

 

Warum ist Emotionsregulation wichtig?

Wenn wir unsere Emotionen ungefiltert nach außen zeigen, können vermehrt Konflikte entstehen. Lass ich meinen Ärger über eine Kritik von meinem Chef schnurstaks an ihm aus, handle ich mir vermutlich damit Schwierigkeiten ein.

In der Kindheit lernen wir deshalb, wie wir unsere Emotionen regulieren können. Anfangs brauchen wir dazu die Hilfe von den Menschen in unserer Umgebung wie unsere Eltern, Geschwister, Erzieher*innen, Lehrer*innen usw.

Wir benötigen das Außen, um Gefühle in unserem Inneren regulieren zu können. Wenn wir beispielsweise ängstlich sind, suchen wir Trost bei unserer Mutter.

Vor allem die wichtigen Bezugspersonen spielen bei der Gefühlsregulation eine große Rolle.

Wir schauen uns bei ihnen ab, wie sie selbst ihre Gefühle regulieren. Oder wir bekommen von ihnen den Umgang mit unseren Emotionen gezeigt.

Mir nimmt beispielsweise die kleine Schwester mein Spielzeug weg und ich schubse sie wütend um. Möglicherweise zeigt mir dann mein Vater Alternativen für mein impulsives Verhalten, wie z.B. mit Worten zu kommunizieren, dass ich mein Spielzeug wieder zurückhaben will.

So probieren und üben wir verschiedene Strategien zur Emotionsregulation, so dass wir als Erwachsene im Idealfall alleine ohne Hilfe von außen unsere Gefühle der Situation angemessen steuern können.

 

 

7 Strategien und Übungen, um deine Emotionen zu regulieren

 

1. Einen mentalen Schritt zurücktreten

Um unsere Gefühle steuern zu können, ist der erste Schritt diese wahrnehmen und erkennen zu können.

Mithilfe von Achtsamkeitsübungen und Meditation kannst du trainieren, mental einen Schritt zurückzutreten. Dadurch kannst du deine Gefühle mit Abstand wahrnehmen und beobachten. Mit der Zeit lernst du deine Gefühle bewusst zu erkennen.

Unter Meditationen, Hypnosen, Körper- & Atemübungen findest du die kostenlose „Atemmeditation“, um deinen Geist zu schulen einen mentalen Schritt zurückzutreten.

Möchtest du mehr über das Meditieren erfahren, schau dir auch gern meine beiden Blogartikel Meditieren lernen (1/2) – 4-Schritte- Anleitung für Anfänger und Meditieren lernen (2/2) – So gelingt das Wie, Wann und Wo an.

 

2. Situationen analysieren durch ein “Tagebuch deiner inneren Welt”

Wenn du deine Gefühle bewusst wahrnehmen und beobachten kannst, kannst du sie als nächsten Schritt im Nachhinein einordnen:

Du rufst dir eine entsprechende Situation nochmal ins Gedächtnis und gehst durch, was sich dabei in deiner Gefühlswelt abgespielt hat.

Um das zu visualisieren, kann dir ein “Tagebuch deiner inneren Welt” helfen. Dabei schreibst du dir die Erkenntnisse aus deiner Situationsanalyse auf und beantwortest dir folgende Fragen:

– Wie ist die Situation abgelaufen? Wer war beteiligt? Was ist passiert? Wer hat sich wie verhalten, wer hat wie reagiert?

– Wer oder welche Situation hat welches Gefühl ausgelöst?

– Warum ist das Gefühl entstanden?

– Wie bin ich mit dem Gefühl umgegangen?

Auf diese Weise wirst du dich und deine Gefühlswelt immer besser kennenlernen. In zukünftigen Situationen wirst du dann mit etwas Übung deine Gefühle leichter erkennen, einordnen und schließlich auch regulieren können.

Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zu einem ausführlichen “Tagebuch deiner inneren Welt” findest du auch in meinem Onlinekurs zu deiner inneren Stärke.

 

 

3. Den Nutzen deiner Gefühle erkennen

Dass wir Gefühle empfinden, können wir nicht verändern, da sie ein wichtiger Bestandteil unserer Psyche sind.

Wenn wir den Nutzen unserer Emotionen erkennen, können wir mit ihnen statt gegen sie agieren und dadurch mit ihnen in Einklang kommen:

Wenn ich wütend bin, kann ich mich hinterfragen, warum diese Wut entstanden ist und ob womöglich eine Grenze überschritten wurde. Oder sie ist ein Warnzeichen, auf mich zu achten und mich ggf. zu schützen.

Bin ich ängstlich, kann ich diese Angst als Frühwarnsystem betrachten, genauer hinzuschauen und vorsichtig zu sein. Und gleichzeitig auch zu prüfen, ob und wie ich mich sichern kann.

Habe ich ein schlechtes Gewissen oder Schuldgefühl, ist dies ein Zeichen, dass ich gegen meine Werte agiere. Dieses Gefühl zeigt mir somit meine Werte auf und ist mein innerer Kompass, nach dem ich mein Leben ausrichte.

Bin ich traurig, versuche ich mir meinen nötigen Rückzug so gut es geht zu ermöglichen und mir einen Raum der Heilung und Regeneration schaffen zu können.

Bin ich freudig, gibt mir dieses Gefühl Lebensmut und Zuversicht.

 

In der folgenden Übersicht siehst du die Körperempfindungen und den Nutzen der häufigsten Gefühle:

Gefühl Körperliche Empfindungen Nutzen
Angst Herzrasen, Schwitzen, innere Unruhe, Brustenge, Schwindel, Übelkeit, Zittern, Atemnot Frühwarnsystem, Warnung vor Gefahren, Vorsichtsbekunden
Schuld Innere Unruhe, Erröten, Schwitzen, Magenverstimmung Innerer Kompass
Wut Herzklopfen, Muskelanspannung, roter Kopf, verkniffener Gesichtsausdruck Schutzschild
Traurigkeit Engegefühl in der Brust, Müdigkeit, Energielosigkeit, Leeregefühl im Magen, Muskelschwäche Rückzugsmotivator
Freude Entspannung, fühlt sich losgelöst und befreit an, Wohlempfinden, Lächeln oder Lachen Lebensmotivator

 

4. Deine Gefühle konstruktiv bewerten

Jetzt sind wir schon einen mentalen Schritt zur Seite getreten, haben unsere Gefühle wahrgenommen, beobachtet und ihren Nutzen erkannt. Was nun?

Die Bewertung unserer Gefühle spielt eine große Rolle bei der Emotionsregulation.

Wenn sich ein Gefühl unangenehm anfühlt, bewerten wir es oft als „schlecht“. Es soll uns schließlich gut gehen und dazu gehört nun mal unser Wohlbefinden.

Das Problem mit dieser Bewertung ist, dass es einen schwächenden Einfluss auf unsere Psyche hat. Und zwar in der Regel jedes Mal, wenn wir unangenehme Gefühle haben und sie als „schlecht“ verbuchen.

Und das passiert gar nicht so selten, weil sich leider die meisten Gefühle nicht wirklich gut anfühlen. Schauen wir uns hier nur mal die fünf häufigsten, oben genannten Emotionen an: Wut, Angst, Schuldgefühl und Traurigkeit fühlen sich unangenehm an. Allein Freude ist ein angenehmes Gefühl.

 

Es macht einen Unterschied für unsere Psyche, ob ich denke:

„Super, dass ich ärgerlich bin. Das kann ich nutzen, um mich abzugrenzen.“ – mir geht es gut damit –

anstatt „Ich darf nicht wütend sein, weil ich meinen Chef doch nicht anmotzen darf.“ – mir geht es schlecht damit.

 

Wie wir unsere Gefühle bewerten, hat einen direkten Einfluss auf uns. Da Gefühle ein Teil von unserer Psyche und somit ein Teil von uns sind, bewerten wir uns sozusagen selbst.

Entsteht in unserer inneren Welt ein Gefühl und wir bewerten es negativ, bewerten wir auch uns selbst negativ. Unser Selbstwert sinkt. Womöglich verunsichert uns das auch noch, weil wir nicht wissen, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen können.

D.h. wenn du deine Bewertung so veränderst, dass du den Nutzen deiner Gefühle siehst und deine Gefühle dann positiv bewertest, bleibt deine Psyche stabil.

 

5. Deine Gefühle kanalisieren

Was ist jetzt, wenn du ein Gefühl hast und du es auch zu deinem Nutzen bewertest. Es ist aber immer noch sehr intensiv und unangenehm.

Jemand hat dich z.B. verletzt und du bist sauer auf ihn. Dir ist bewusst, dass dir deine Wut hilft, dass es dein Schutzschild ist. Aber trotzdem ist die Wut so stark, dass du einfach nicht zur Ruhe kommst.

Gefühle sind Wahrnehmungen, die in unserem Körper entstehen und die wir spüren können:
Bei Angst bekomme ich Herzrasen, meine Brust wird eng und mir wird übel. Bei Freude fühle ich mich beschwingt und locker, mein Körper ist ganz leicht.

Über diese körperlichen Signale können wir erkennen, welche Gefühle sich gerade in unserer Innenwelt abspielen.

Aufgrund der anatomischen Nähe der verarbeitenden Gehirnareale können wir Gefühle aber nicht nur spüren, sondern wir wollen sie auch ausleben.

Deshalb können bei einem Streit schon mal die Teller fliegen oder bei Angstzuständen die innere Unruhe in nervösem Auf- und Abgehen ausgelebt werden.

Aber auch sonst ist jegliche Art von Bewegung und Sport wie z.B. Joggen ein gutes Instrument, um Gefühle zu regulieren und zu verarbeiten.

Jedes unserer Gefühle können wir auch durch Weinen, eine rhythmische Bewegung des Zwerchfells, ausleben und dadurch abschwächen. So gibt es nicht nur Tränen der Traurigkeit, sondern auch der Freude, der Wut usw.

D.h. wir können uns bestimmte Bewegungen unseres Körpers zunutze machen, um unsere Psyche zu beeinflussen. Wie das genau funktioniert, erfährst du auch in meinem Onlinekurs zu deiner inneren Stärke.

 

Gehen wir jetzt wieder zu dem Beispiel mit der Wut:

Wut ist eine starke Energie, gibt dir Kraft und Stärke. Ihre Intensität kannst du z.B. durch Sport oder auch Schattenboxen verringern. Nicht umsonst wird zum Aggressionsabbau “in den Boxsack hauen” empfohlen. Hier lenkt man die Energie in die Bewegung und in dem Fall den Boxsack um.

Eine kostenlose Übung zu einem Wutventil findest du auch unter Meditationen, Hypnosen, Körper- & Atemübungen.

 

Oder du stehst vor einer wichtigen Prüfung. Du bist angespannt und hast Angst die Prüfung zu versemmeln. Du weißt nach der Prüfung wird die Anspannung und Angst automatisch wieder verschwinden, aber was machst du bis dahin?

Auch hier gilt: Körperliche Bewegung, egal welcher Art, verringert dein Gefühl oder hier auch die Anspannung.

Eine kostenlose Übung, um deine Angst abzubauen, findest du unter Meditationen, Hypnosen, Körper- & Atemübungen.

 

Im Prinzip kannst du mit jedem Gefühl ähnlich verfahren:

Wenn du es aushalten musst, kannst du es zumindest durch Bewegung nach außen bringen, egal ob das nervöses Auf- und Abgehen oder mit dem Fuß wippen ist. Egal ob du weinst oder mit der Faust ins Kissen schlägst.

Übungen zu den jeweiligen Grundgefühlen findest du in meinem Onlinekurs zu deiner inneren Stärke. Du bekommst einen Zugang zu deinem jeweiligen Gefühl und kannst es dann entsprechend verarbeiten.

 

6. Emotionsregulation mithilfe von Akupunktur

Akupunktur bietet dir eine weitere Möglichkeit, um intensive Gefühle zu regulieren.

Im Speziellen dein Ohr kann dir helfen deine Gefühle zu verarbeiten. Dein Ohr ist nicht nur da, damit du hören oder dein Gleichgewicht halten kannst. Die chinesische Medizin hat Wege gefunden über Punkte am Ohr unsere Psyche zu beeinflussen.

Über eine Rückmeldung mit unserem vegetativen System bekommt ein*e Akupunkteur*in einen Impuls, ob ein entsprechender „Gefühlspunkt“ aus dem Gleichgewicht gekommen ist.

Der „Gefühlspunkt“ kann dann mit einer Akupunkturnadel ggf. auch mit einer Dauernadel für längere Zeit so stimuliert werden, dass er sich „regenerieren“ kann.

So gibt es nicht nur Punkte zu bestimmten Gefühlen wie Angst, Wut und Trauer, sondern auch für deren körperlichen Ausprägungen wie Verspannungen, Schmerzen, Schlafstörungen usw.

Die Ohrakupunktur kann dir somit z.B. helfen bestimmte Gefühle zu verarbeiten, so dass sie weniger intensiv sind oder sich ganz auflösen, sowohl auf der psychischen als auch auf der körperlichen Ebene.

 

7. Intuitives Gespür für die Gefühlswelt entwickeln

Wenn du in den vorherigen Strategien geübt bist, bekommst du irgendwann ein Gespür dafür, wann du welches Gefühl hast und wie du damit umgehen kannst.

Du merkst vielleicht auch schon recht schnell, wenn du emotional in einer Gedächtnisspur drinsteckst und wie du wieder in eine neutrale Haltung kommst.

Dann kannst du möglicherweise deine Intuition als eine leise, innere Stimme hören, die dir zuflüstert, was zu tun ist.

D.h. du kannst deiner Intuition folgen, die dich als innerer Kompass durch deine Gefühlswelt leitet.

 

Fazit

Eine stärkende, konstruktive Einordnung unserer emotionalen Welt lässt uns leichter wahrnehmen, was wir brauchen und wie wir uns wieder in ein Gleichgewicht bringen können.

Wir können lernen unsere Gefühle zu beobachten, einzuordnen und schließlich zu erkennen, wie wir am besten mit ihnen umgehen.

Können wir die Energie des Gefühls für uns nutzen? Oder lieber als Ventil in Form von körperlicher Bewegung aus unserer inneren Welt nach außen bringen? Oder lassen wir uns eine Akupunkturnadel setzen?

Auf diese Weise schwingen wir mit unseren Gefühlswellen mit, so dass Einklang in unserem Leben entsteht.

Das heißt nicht, dass wir nicht trotzdem unter dem ein oder anderem Gefühl leiden und wir es am liebsten verfluchen würden.

Es fällt uns vielmehr leichter das Gefühl zu akzeptieren und es auf unsere eigene Art und Weise in unserem Leben willkommen zu heißen.

 

Über die Autorin

Über die Autorin

Dr. Verena Gruber ist Ärztin, Psychotherapeutin, Akupunkteurin und Yogalehrerin. In ihrer jahrelangen Arbeit hat sie ihre eigene Methode STARK IN MIR zur Stärkung der Psyche entwickelt. Sie vereint dabei ihr Wissen aus der Schulmedizin, Psychologie und fernöstlichen Medizin.

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